Mitte der achtziger Jahre kommt es am südlichen Bahneinschnitt des Schwelmer Tunnels zu einem Abrutschen des Hangs. Für die Höhlenforscher vom Arbeitskreis Kluterthöhle e. V. um Stefan Voigt ist die Streckensperrung eine günstige Gelegenheit, den speläologisch interessanten Bereich einmal ohne den störenden Bahnverkehr zu erkunden. Trotz der schwierigen Bedingungen werden einige Neuentdeckungen gemacht. Die Höhlenforscher denken dabei jedoch nicht im Traum daran, dass sie einmal Eigentümer dieses geologischen Ensembles werden könnten. Mehr als 30 Jahre später – der Bahnverkehr ist lange eingestellt – passiert das “Undenkbare”: Stefan Voigt kauft als 1. Vorsitzender des AKKH zum Schutz der Natur den Tunnel samt seiner Einschnitte.
Der Schwelmer Tunnel befindet sich im nordöstlichen Teil der Stadt Schwelm. Er durchquert auf einer Länge von knapp 750 m den Linderhauser Hochrücken und verbindet die Linderhauser Mulde im Norden mit der Schwelmer Talmulde im Süden. Nur etwa 50 m entfernt verläuft parallel der noch im Bahnbetrieb befindliche Linderhauser Tunnel. Beide Tunnel wurden im Zweiten Weltkrieg als U-Verlagerung “Meise” für die Rüstungsindustrie genutzt.
Der Schwelmer Tunnel war ursprünglich Teil der “Rheinischen Strecke” von Düsseldorf nach Dortmund. In Wuppertal ist diese Bahnlinie auch als “Nordbahntrasse” bekannt und heute als beliebter Rad- und Fußweg aufwendig ausgebaut. Beim Bau der Bahnlinie vor knapp 140 Jahren wurden an und in den verschiedenen Tunneln etliche Höhlen angeschnitten. In Wuppertal sind mehr als ein halbes Dutzend und am Schwelmer Tunnel allein sogar bislang 8 Höhlen gefunden worden. Kurz vor dem Nordportal befindet sich das Schwelmer Schächtchen, im Tunnel das Schwelmer Schlammbad und die Schwelmer Tunnelhöhle. Im Bereich des südlichen Einschnitts sind die Fuchs-, Nikolaus-, Brennnessel-, Röhren-, und Osterbachhöhle bekannt. Darüber hinaus bilden die durch die Einschnitte aufgeschlossenen Gesteine ein eindrucksvolles Geotop. Durch die Nord-Süd-Ausrichtung werden verschiedene geologische Schichten durchlaufen und erkennbar. Geologen der Ruhr-Universität Bochum haben dies bereits zum Exkursionsziel gemacht.
Beim Schwelmer Tunnel wird der Naturschutz im Vordergrund stehen. Das betrifft nicht nur die Geologie, sondern auch Flora und Fauna. So besteht etwa ein großes Vorkommen des seltenen Hirschzungenfarnes. Eine echte verkehrstechnische Einbindung in den Verbund alter Bahntrassen bietet sich aufgrund der schon vollzogenen Überbauungen auf verschiedenen Abschnitten der ehemaligen Bahnlinie nicht direkt an. Das schließt jedoch eine Nutzung des Tunnels zur steigungsarmen Unterquerung des Linderhauser Hochrückens für Fußgänger und Radfahrer für die Zukunft nicht aus.
Zum Schwelmer Tunnel und seinen Höhlen wird neben dem Erhalt der Natur zukünftig sicher noch das eine oder andere Geheimnis gelüftet (das Bernsteinzimmer wird übrigens nicht dazu gehören).
Wir gratulieren Stefan Voigt und dem AK zu diesem Entschluss.